Auch Gemeinschaftskonten (z. B. Partner-, Ehe- oder WG-Konten) können gepfändet werden – selbst wenn nur ein Kontoinhaber Schulden hat.
Beim ODER-Konto gilt das gesamte Guthaben als gemeinsames Vermögen und kann vollständig gesperrt werden.
Der nicht-schuldende Partner muss seinen Anteil mit einem Antrag nach § 850l ZPO aktiv schützen.
Gemeinschaftskonten können nicht als P-Konto geführt werden – ein separates Einzelkonto mit P-Konto-Status ist erforderlich.
UND-Konten bieten mehr Schutz, sind aber nicht bei allen Banken erhältlich und müssen gezielt beantragt werden.
Laufende Zahlungen (z. B. Miete, Strom) werden bei Kontosperrung gestoppt – rechtzeitig umstellen ist wichtig.
Eine Pfändung auf einem Gemeinschaftskonto kann für alle Kontoinhaber weitreichende Folgen haben, vor allem bei einem ODER-Konto. Dabei kann das gesamte Guthaben zur Begleichung von Schulden eines Kontoinhabers verwendet werden.
Unser Ratgeber erklärt dir, wie du dein Guthaben schützen kannst und welche Schritte du einleiten solltest.
Schnellüberblick: Häufige Fragen zur Pfändung
Kann ein Gemeinschaftskonto gepfändet werden?
Rechtsgrundlage: § 850l ZPO
Laut § 850l Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Gemeinschaftskonto – insbesondere ein ODER-Konto – auch dann gepfändet werden, wenn nur gegen einen der Kontoinhaber ein Vollstreckungstitel vorliegt. Das Gesetz regelt, wie nicht verschuldete Mitinhaber ihr Guthaben schützen können.
Beim ODER-Konto
Ein ODER-Konto (z. B. als Partnerkonto oder Ehekonto geführt) kann gepfändet werden, sobald gegen einen Kontoinhaber eine Pfändung vorliegt. Die Bank sperrt dann das gesamte Konto. Auch der andere Inhaber hat zunächst keinen Zugriff mehr – selbst wenn er schuldenfrei ist. Wer seinen Anteil am Guthaben schützen möchte, muss diesen aktiv nachweisen (§ 850l ZPO), etwa durch Kontoauszüge oder Überweisungsnachweise.
Beim UND-Konto
Beim UND-Konto sind alle Kontoinhaber gleichberechtigt, aber es sind nur gemeinsame Verfügungen möglich. Eine Pfändung ist hier nur zulässig, wenn alle Inhaber betroffen sind. Liegt der Pfändungsbeschluss nur gegen eine Person vor, wird das Konto meist gesperrt – aber nicht vollständig gepfändet. In der Praxis ist das Konto dann für alle Beteiligten blockiert.
Gesetzliche Grundlage: § 850l ZPO
§ 850l ZPO ist die zentrale gesetzliche Regelung, wenn ein Gemeinschaftskonto gepfändet wird – und eine der wichtigsten Schutzvorschriften für nicht-schuldende Kontoinhaber. Dennoch wird sie in vielen Fällen zu wenig beachtet.
Was regelt § 850l ZPO konkret?
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Einmonatige Schutzfrist („Übertragungszeitraum“): Nach Zustellung des Pfändungs- oder Überweisungsbeschlusses bleibt 1 Monat Zeit, um den eigenen Anteil vom Gemeinschaftskonto zu sichern.
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Separierung des Guthabens: Der nicht-schuldende Kontoinhaber kann beantragen, dass sein Anteil auf ein separates Einzelkonto übertragen wird – zum Schutz vor Pfändung.
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Antragstellung durch den Kontoinhaber: Der Antrag erfolgt schriftlich, entweder bei der Bank oder beim zuständigen Vollstreckungsgericht. Wichtig sind Nachweise, etwa über Gehaltseingänge oder eigene Überweisungen.
Wie kommt es zu einer Pfändung?
Eine Kontopfändung setzt in der Regel ein gerichtliches Vollstreckungsverfahren voraus. Erst wenn ein Gläubiger einen rechtskräftigen Vollstreckungstitel (z. B. Urteil, Vollstreckungsbescheid) erwirkt hat und keine freiwillige Zahlung erfolgt, kann er beim Vollstreckungsgericht einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragen. Dieser wird anschließend der Bank zugestellt.
Ob es sich um ein Einzel- oder Gemeinschaftskonto handelt, ist für die Pfändung grundsätzlich unerheblich – entscheidend ist, ob der Kontoinhaber (oder einer davon) Schuldner ist.
Hinweis: Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss führt zur Sperrung des jeweiligen Kontos – unabhängig davon, ob es privat oder geschäftlich genutzt wird.
Kein Pfändungsschutz fürs Gemeinschaftskonto – was nun?
Ein Gemeinschaftskonto kann nicht als Pfändungsschutzkonto (P-Konto) geführt werden. Der Pfändungsschutz nach § 850k ZPO steht ausschließlich Einzelkonten zu. Das bedeutet: Wurde ein ODER-Konto gepfändet, können die Inhaber nicht einfach einen P-Konto-Schutz aktivieren.
Stattdessen muss der nicht verschuldete Kontoinhaber innerhalb von einem Monat nach Zustellung der Pfändung beantragen, dass sein Anteil auf ein eigenes Einzelkonto übertragen wird – idealerweise ein neu eröffnetes P-Konto. Erst dort greift der gesetzliche Basispfändungsschutz.
Tipp: Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte schon vorab getrennte Einzelkonten mit P-Konto-Option führen – besonders bei unsicheren finanziellen Verhältnissen.
Was muss der nicht-schuldende Kontoinhaber tun?
Wenn du selbst keine Schulden hast, aber vom Zugriff auf das Gemeinschaftskonto betroffen bist, solltest du schnell handeln. Diese Schritte sind entscheidend:
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1
Kontoauszüge & Nachweise bereitstellen: Sammle Belege über deine Einzahlungen – etwa Gehalt, Kindergeld oder Überweisungen.
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2
Übertragung auf eigenes Konto beantragen: Stelle innerhalb von 4 Wochen einen Antrag auf Übertrag nach § 850l ZPO beim Vollstreckungsgericht.
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3
Optional rechtliche Unterstützung holen: Eine Schuldnerberatung oder ein Anwalt kann bei der Antragstellung helfen und dich entlasten.
Pfändung trotz getrennter Finanzen: Häufige Irrtümer
Viele Paare oder WG-Mitglieder glauben, dass ihr Gemeinschaftskonto bei klarer Aufteilung der Finanzen automatisch geschützt sei. Doch das ist ein Irrtum – vor allem beim ODER-Konto.
Rechtlich gilt hier eine gesamtschuldnerische Vermutung: Das gesamte Guthaben wird beiden Kontoinhabern gemeinsam zugerechnet. Selbst wenn du regelmäßig dein eigenes Einkommen einzahlst, kann es bei einer Pfändung komplett gesperrt werden – auch für dich.
Nur durch einen formellen Antrag nach § 850l ZPO und den Nachweis über eigene Geldeingänge kannst du deinen Anteil schützen. Die Bank darf das nicht selbst entscheiden – du musst aktiv werden.
Was passiert mit Daueraufträgen, Lastschriften & Miete bei Kontosperrung?
Wird ein Gemeinschaftskonto gepfändet, betrifft das meist auch alle laufenden Zahlungen – etwa Miete, Strom oder Unterhalt. Daueraufträge und Lastschriften können nicht mehr ausgeführt werden, sobald das Konto gesperrt ist.
Empfehlung: Kläre schnell, welche Zahlungen über das Konto laufen, und richte alternative Kontoverbindungen ein – etwa ein separates Einzelkonto. Informiere Vermieter, Versorger oder andere Zahlungsempfänger rechtzeitig über die neue Bankverbindung. So lassen sich Mahnungen, Vertragsstörungen und zusätzliche Kosten vermeiden.
Rechtliche Hilfe & Beratung
Wenn ein Gemeinschaftskonto gepfändet wird, ist schnelles und überlegtes Handeln gefragt – besonders für den nicht-schuldenden Kontoinhaber. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, rechtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Folgende Anlaufstellen bieten Unterstützung:
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Schuldnerberatungsstellen (z. B. Caritas, Diakonie, AWO): Kostenlos und diskret – helfen bei Antragstellung, Fristwahrung und Kommunikation mit der Bank.
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Verbraucherzentrale: Berät zu Rechten bei Pfändung und hilft beim Antrag nach § 850l ZPO.
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Fachanwälte für Bank- und Insolvenzrecht: Sinnvoll bei komplizierten Fällen, insbesondere bei hohen Summen oder unklarer Kontonutzung.
Tipp: Rechtzeitig handeln – die gesetzliche Schutzfrist zur Trennung der Guthaben auf dem Gemeinschaftskonto beträgt nur einen Monat (§ 850l ZPO).
Fallbeispiele & Tipps: Was tun, wenn mein Partner Schulden hat?
Fall 1: ODER-Konto mit verschuldetem Partner
Lisa und Tom führen ein gemeinsames ODER-Konto. Tom hat Schulden – plötzlich wird das gesamte Guthaben gepfändet.
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👉 Beim ODER-Konto haften beide gesamtschuldnerisch (§ 428 BGB). Auch Lisas Geld kann betroffen sein, obwohl sie selbst keine Schulden hat.
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✅ Tipp: Guthaben schnell sichern, Konto auflösen oder in ein Einzelkonto umwandeln. Wenn bereits gepfändet, den eigenen Anteil mit einem Antrag auf Übertrag nach § 850l ZPO beim Vollstreckungsgericht schützen.
Fall 2: UND-Konto mit Zugriffsbeschränkung
Anna und Mark haben ein UND-Konto. Mark ist verschuldet – das Konto wird durch die Bank gesperrt.
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👉 Bei einem UND-Konto ist jede Verfügung nur mit Zustimmung beider Inhaber möglich. Im Falle einer Pfändung kann auch die nicht verschuldete Person vorübergehend nicht mehr über das Geld verfügen.
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✅ Tipp: UND-Konten bieten Pfändungsschutz, sind im Ernstfall aber unpraktisch. Ergänzend ein Einzelkonto führen. Bei Bedarf den Zugriff auf eigene Gelder separat absichern.
Fall 3: Trennung – wer haftet?
Jana trennt sich von Felix. Beide sind noch Kontoinhaber. Felix verursacht neue Ausgaben, für die auch Jana haftet.
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👉 Auch nach der Trennung bleiben beide verantwortlich – bis das Konto schriftlich gekündigt oder einvernehmlich geändert wurde.
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✅ Tipp: Gemeinschaftskonto sofort schriftlich kündigen. Bei den meisten Banken müssen beide unterschreiben. Danach ein eigenes Konto eröffnen und Daueraufträge umstellen.
Fall 4: Partner zahlt unkontrolliert vom Konto
Chris und Sarah nutzen ein gemeinsames Konto. Sarah tätigt regelmäßig hohe Ausgaben – ohne Rücksprache.
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👉 Bei ODER-Konten darf jeder allein verfügen. Es gibt keinen rechtlichen Schutz gegen unangemessene Ausgaben.
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✅ Tipp: Einzelkonto mit Dauerauftrag auf ein gemeinsames Budgetkonto einrichten. So bleibt das finanzielle Risiko kalkulierbar und der Überblick erhalten.
Linktipps & PDF-Vorlagen: Übertrag nach § 850l ZPO und Musterschreiben
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Antrag auf Umwandlung in ein P-Konto (nach § 850k ZPO): Die Sparkasse Rheine stellt ein offizielles PDF bereit, mit dem du dein Girokonto in ein Pfändungsschutzkonto umwandeln kannst – erforderlich für den gesetzlichen Basisschutz bei Pfändung. 📎 Sparkasse Rheine – PDF
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Arbeitshilfe zur P-Konto-Reform 2021: Die Verbraucherzentrale NRW bietet ein PDF mit wichtigen Infos zur Reform und zu § 850l ZPO. Es enthält auch Hinweise zum Antrag auf Übertrag bei Gemeinschaftskonten. 📎 Verbraucherzentrale NRW – PDF
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FAQ zur Pfändung & P-Konto-Nutzung: Hier findest du Antworten auf häufige Fragen – z. B. zur Freibetragserhöhung, Konto-Sperrung oder Antragstellung. Besonders nützlich bei Unsicherheiten zur Konto-Pfändung. 📎 Verbraucherzentrale – FAQ
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Gesetzliche Infos & Übersicht zur P-Konto-Reform: Das Bundesministerium der Justiz bietet auf seiner Website eine übersichtliche Darstellung der Reform und der gesetzlichen Grundlagen rund ums Pfändungsschutzkonto. 📎 BMJV – Reformüberblick (Web)
Fazit
Eine Pfändung auf dem Gemeinschaftskonto kann beide Inhaber treffen – selbst wenn nur einer Schulden hat. Besonders beim weit verbreiteten ODER-Konto wird das gesamte Guthaben als gemeinschaftlich betrachtet und kann vollständig gesperrt werden. Der nicht-schuldende Partner sollte daher schnell reagieren und mit einem Antrag nach § 850l ZPO seinen Anteil schützen.
Ein P-Konto bietet zwar Schutz vor Pfändungen, kann aber nur für Einzelkonten eingerichtet werden – nicht für Gemeinschaftskonten. In solchen Fällen empfiehlt sich zusätzlich die Eröffnung eines eigenen Einzelkontos mit P-Konto-Status.
Alternativ lässt sich ein Gemeinschaftskonto bei einigen Banken auch als UND-Konto führen. Hier sind Verfügungen nur gemeinsam möglich, was Gläubigern den Zugriff erschwert. Allerdings wird diese Variante nicht von allen Banken angeboten und muss im Vorfeld ausdrücklich beantragt werden.
FAQ
Kann ein Gemeinschaftskonto gepfändet werden?
Ja, auch ein Gemeinschaftskonto kann gepfändet werden – besonders das ODER-Konto. Das gesamte Guthaben wird beiden Inhabern gemeinsam zugerechnet, unabhängig davon, wer Schulden hat.
Was bedeutet gesamtschuldnerische Haftung beim ODER-Konto?
Beide Kontoinhaber gelten als gleichberechtigt. Bei einer Pfändung wird das gesamte Guthaben gesperrt, da es rechtlich als gemeinsames Vermögen angesehen wird – auch wenn nur einer Schulden hat.
Ist mein Anteil auf dem Gemeinschaftskonto automatisch geschützt?
Nein. Der eigene Anteil ist nur geschützt, wenn du ihn aktiv sicherst – zum Beispiel mit einem Antrag nach § 850l ZPO und entsprechenden Nachweisen wie Gehaltseingängen oder Kontoauszügen.
Was ist § 850l ZPO genau?
§ 850l ZPO ermöglicht es nicht-schuldenden Kontoinhabern, ihren Anteil vom Gemeinschaftskonto auf ein eigenes Konto zu übertragen – innerhalb eines Monats nach Pfändungsbeschluss.
Was passiert mit Daueraufträgen und Lastschriften?
Sobald das Konto gepfändet ist, werden alle Zahlungen gestoppt. Du solltest alternative Bankverbindungen einrichten und Zahlungspartner (z. B. Vermieter) schnellstmöglich informieren.
Kann ich das Gemeinschaftskonto in ein P-Konto umwandeln?
Nein, Gemeinschaftskonten können nicht in P-Konten umgewandelt werden. Nur Einzelkonten lassen sich als Pfändungsschutzkonto führen. Eine separate Kontoeröffnung ist nötig.
Reicht eine einfache Vorsorgevollmacht im Ernstfall aus?
Nein, eine Vorsorgevollmacht hilft nicht bei Pfändungsschutz. Sie regelt nur Vertretungsrechte – nicht den Zugriff bei Kontosperrung durch Gläubiger oder das Gericht.
Wie lange habe ich Zeit, um meinen Anteil zu sichern?
Ab Zustellung des Pfändungsbeschlusses bleibt dir eine Schutzfrist von einem Monat, um einen Antrag auf Übertragung nach § 850l ZPO zu stellen.
Was passiert beim UND-Konto bei einer Pfändung?
Beim UND-Konto sind nur gemeinsame Verfügungen möglich. Das kann Pfändungen erschweren, aber oft sperrt die Bank den Zugriff für alle, bis die Lage geklärt ist.
Muss ich die Bank über die Pfändung informieren?
Nein, das erledigt das Vollstreckungsgericht. Du solltest die Bank aber selbst kontaktieren, um deinen Antrag und Nachweise zeitnah einzureichen.
Was mache ich, wenn mein Partner Schulden hat?
Trenne frühzeitig eure Finanzen, beantrage ggf. ein eigenes Konto und sichere deinen Anteil über § 850l ZPO. Hole dir rechtliche Unterstützung, z. B. durch eine Schuldnerberatung.
Was passiert mit gemeinsamen Ersparnissen?
Ohne Nachweise werden sie als gemeinsames Vermögen gewertet. Um deinen Anteil zu schützen, musst du belegen, welcher Teil dir gehört – z. B. durch Überweisungen oder Lohnnachweise.
Können auch WG-Konten gepfändet werden?
Ja. Auch bei WG-Konten gilt die gesamtschuldnerische Vermutung – unabhängig vom Verwendungszweck. Bei Schulden eines Kontoinhabers kann das gesamte Guthaben gesperrt werden.
Die Pfändung eines Gemeinschaftskontos kann beide Kontoinhaber treffen – auch wenn nur einer Schulden hat. Bist du betroffen gewesen oder kennst dich aus? Deine Hinweise können anderen helfen!
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